Wir sind gratis.
Unsere Partner machen es möglich:
Am Losenberg 13
59939 Olsberg
Tel. 02904 976761 /
Mobil 0175 3487484
E-Mail: kontakt@dieter-gandras.de
Wir bei Facebook
Kleinstwagenfreunde bekommen in diesem Jahr zu Weihnachten wieder die schönsten Modelle geschenkt. Es gibt fast nichts in Miniatur, was es nicht gibt, bei freier Farbwahl in verschiedenen Maßstäben. Oldtimer-Magazine liefern reichlich Geschichten dazu, unzählige Fachbücher gehen auch noch der letzten Schraube auf den Grund und im Internet ist sowieso alles zu finden; vor allem auch das, was man eigentlich gar nicht gesucht hat. Fluch und Segen zugleich.
Aber weil nun Weihnachten ist, wollen wir es besinnlich angehen lassen und mal erzählen, wie das so Mitte der 70er, Anfang der 80er Jahre war, wenn man sich da als Kind für Isetta, Goggo und Co. interessiert hat.
Von allen anderen wurdest du nur mitleidig belächelt, wenn du beim Quartett spielen eben nicht auf Jensen Interceptor, Ferrari Daytona und Lamborghini Miura abgefahren bist. Dabei, und das ahnten sie natürlich nicht, war deine Infektion längst viel, viel tiefer. Du warst nämlich längst ein Hardware-Junkie, seit du wusstest, wie man am Bahnhof von hinten heimlich auf den Schrottplatz gelangen konnte. Das war schon damals wie mit der Malaria, und es ist bis heute so geblieben: Du kannst lange Phasen ohne Symptome haben, aber du wirst es nie mehr los.
Also zum Startpunkt der ganzen Geschichte, zum schicksalhaften Stich der Tigermücke, sozusagen. Als Kindergarten-Dötz stand man fasziniert hinterm Zaun und erlebte die „Hell Drivers“ auf dem roten Aschenplatz. Evel-Knievel-Stuntman-Matadore aus dem Ruhrpott, die Dickholmkäfer, Ford Badewannen und andere alte Karren durch brennende Feuerreifen auf zwei Rädern zu Schrott fuhren – atemberaubend! Vor allem dann, wenn man von Zuhause gewöhnt war, dass im Auto auf der Rückbank nicht einmal gekrümelt wird! Und nun das: Krach! Quietsch! Peng! Klingel…
Das Erweckungserlebnis dann am nächsten Tag, auf dem Schrottplatz am Bahnhof, wo der ganze Abenteuerfuhrpark zum großen Haufen aufgetürmt worden war und eine magische Anziehungskraft entwickelte. Auf Augenhöhe, also guten 120 Zentimetern, ein emailliertes Wappen von VW auf der verbeulten Haube, in Chrom und schwarz und blau und rot. Dann kam ein Großer vorbei, für den das alles schon Routine war. „Willste das haben?“Er zückte sein Taschenmesser, bog die beiden Haltebügel auf der Rückseite gerade und drückte einem -ja klar, mir! – das Wappen der Begierde in die Hand.
Da war es geschehen. Emblem- und Schriftzugsammler mit sechs Jahren. Wo, bitteschön, musste das hinführen?
Allerdings wurde die Leidenschaft schon bald auf eine harte Probe gestellt. Es gab nämlich kaum schöne Embleme. Das massenhaft zu habende VW-Bulli-Ding von der Nase war so groß wie eine Pizza, Rekord C, Ford P7 und Kadett B, naja. Ab und an ein NSU, selten ein BMW, noch viel seltener ein Mercedes, und wenn, dann fast immer die 200er Heckflosse. Audi 60 und jede Menge R4. Ganz schlimm wurde es mit ganzen Stapeln von Simca, die aufgenietete Plastikbuchstaben auf der Zierleiste hatten. Es war ernüchternd.
Doch dann stand irgendwann hinter einer Lackiererei ein winziges hellblaues Auto auf der Wiese. Es hatte genau das richtige Format für Kinder, und es hatte, Potzdonnerschlag, einen richtigen Ding-Dong vorne dran. Weißes „G“ mit goldenem Rand auf rotem Grund, eingesetzt in einen geflügelten Metallring: ein wahres Objekt der Begierde. Da war sie also, die erste Begegnung mit einem Goggomobil. Der Meister erlaubte mir, das Teil mitzunehmen. Unfassbar. Mit dem Schraubenzieher ging es ans Werk, aber bisher hatte ich noch nicht erlebt, dass ein Emblem rückseitig verschraubt war. Mit einem trockenen Knall brach es mitten durch. Das war wohl die erste große Niederlage meines Lebens. Den transparenten Kunststoffkern mit dem weißen „G“ auf rotem Grund nahm ich mit, aber es war durch eigene Dummheit besudelt und schmerzte die Kinderseele mit einer Mischung aus Sehnsucht und Verzweiflung, aber auch dem Glück, wenigstens das zu haben.
Es ging also auf die Suche nach allem zum Goggomobil. Ich fand – nichts. Es gab 1975 keine Bilder mehr in den üblichen Medien. Dann die Suche in Vaters gebundenen Jahresausgaben der Auto, Motor & Sport aus den 60ern: NIX. Nur ein einziges Spaßfoto einer Goggo-Limousine mit dicker Dragster-Hinterachse, und das war´s. Die Rettung kam unterm Weihnachtsbaum mit dem brandneuen Standardwerk von Werner Oswald: Deutsche Autos von 1945 bis 1975. Zum ersten Mal eine Isetta, ein Borgward, ein Fuldamobil. Spektakulär. Zwei Jahre später, 1977, erschien endlich im Bleicher-Verlag die allererste Bibel der Kleinstwagen-Irren: „Deutsche Kleinwagen“ von Hanns Peter Rosellen. Ich war neun. Und musste es haben!
Das war schon toll, aber wie schön wäre ein Modell gewesen! Dass es Goggo, Messerschmitt und Co. einst vom Spielzeughersteller SIKU und anderen gegeben hatte, das wussten wir nicht. Gott sei Dank. Mit Kumpel Christoph, der auf dem gleichen Trip segelte, waren schon ausgeschnittene Fotos eine harte Währung. Für einen SIKU-Goggo hätte ich ihm vermutlich die Seele verschrieben. Anders herum hätte er dafür vielleicht den Äppelgarten von Onkel Albert verschachert.
Wir nahmen die Bücher und versuchten mit Pappe, Klebstoff und Revell-Farben, unsere eigenen Modelle zu bauen. Das erste war, na klar, ein etwas unbeholfenes Goggo-Coupé. Andere folgten, und das Schönste ist, dass sie die letzten 40 Jahre überlebt haben. Das gelbe kleine Auto links im Hintergrund des Titelbildes war der erste Versuch.
Tja, und ein Quartett musste her! Was tun? Es tauchte eine erste Zeitschrift auf, die Kleinwagen in einer Geschichte thematisierte. Farbfotos! Das war der Grundstock. Die anderen Bilder wurden bei Vater in der Firma aus dem „Oswald“ kopiert. Dann kreisten Pritt-Stift, Schere und Fasermaler, und auf dem Blatt eines doofen Jensen-Ferrari-Lamborghini-Quartetts entstand endlich mal ein Kracher mit dem Brezelkäfer von 1951 als Blitztrumpf, was die einstige Realität ungeahnt treffsicher transportierte.
Dann kam die Markt! 1980 entdeckte ich das erste hauchdünne Heftchen mit grünem Balken im „Kaufhaus der Mitte“. Zwei Mark! Bei 80 Pfennigen Taschengeld in der Woche ein Irrsinn. Egal. Ab 1981, ich war 13, ließ Oma das Abo springen! YES! Heute habe ich schon den einen oder anderen Artikel dort veröffentlichen dürfen. Wenn mir das damals jemand gesagt hätte…
Ja, so war das. Wir wussten nichts. Und es gab auch nicht die Möglichkeit, im kleinen Umfeld der Welt von damals zu suchen. Niemand interessierte sich mehr für die Kleinstwagen der 50er Jahre, wir zumindest kannten keinen. Ab und an kam noch ein Goggomobil mit einem Rentner vorbei, der nur die alte Führerscheinklasse IV hatte, ansonsten war alles verschütt und verschwunden.
]]>