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In diesem Jahr, 2019, war wieder ein zweifacher Rallye-Weltmeister dabei. Miki Biasion, der sympathische Piemonteser, Meister 1988 und 1989 auf Lancia Delta Integrale, räuberte mit dem Starterfeld über den Col de Turini und die berühmten Pisten der Rallye Sanremo, bis hoch hinauf zum berühmten Restaurant Dall´Ava in San Romolo, einst Stützpunkt vieler großer Stars der Rallye-Welt. Abends, nach dem Zieleinlauf im Hafen von Monaco, übergab Biasion die Pokale bei der Abendgala, was sicher für manchen Teilnehmer das überraschende Salz in der Suppe war.
2019. Es ist gar nicht mehr so einfach, für traditionelle Motorsportveranstaltungen die geforderten Genehmigungen einzusammeln. Und von Jahr für Jahr wird es schwieriger. Kann man jedoch eine ebenso erfahrene wie professionelle Organisation präsentieren, sind doch noch Dinge möglich, die sonst lang passé wären. Um den sportlichen Charakter trotz moderner Verkehrsvorschriften zu erhalten, hat das ausführenden Team der Agentur PlusRallye mit ihrem Chef Peter Göbel zahlreiche Gleichmäßigkeitsprüfungen in das Roadbook eingebaut – alles vollkommen legal und mit dem GPS-Tracker überwacht, dennoch eine echte Herausforderung für die Teams.
Es beginnt in diesem Jahr 2019 mit dem Start in Rothenburg ob der Tauber. Es ist eine große Tradition der Rallye Monte Carlo, an unterschiedlichen Orten auf die Strecke zu gehen. Die ersten Jahrzehnte waren als Sternfahrt aus ganz Europa angelehnt, um die Route nach Monte Carlo im Umfeld von Monaco zusammenzuführen. Somit sind die Seealpen das historische Kernland des Rallyesports, und jeder, der sich für diese vielleicht anspruchsvollste Motorsportart interessiert, träumt davon, einmal auf diesen Wegen zu fahren – klar, dass genau dieser Genuss von der AvD-Histo-Monte reichlich geliefert wird.
Neu war in diesem Jahr der Prolog am Dienstag, eine Runde um das gastliche Rothenburg durchs Fränkische, samt einer kniffligen Wertungsprüfung in einem Weinberg, wo sich die 89 startenden Teams mit den Eigenarten des Roadbooks vertraut machen konnten. Den Start gab Rothenburgs Oberbürgermeister Walter Hartl persönlich frei. Abends dann ein Kennenlernen in der Reichsstadthalle, einem imposanten Zehntspeicher aus dem späten Mittelalter.
Das Wetter entwickelte sich prächtig, es folgte ein eiskalter Tag bei strahlender Wintersonne. In der Morgendämmerung des Mittwochs wurden schließlich die Teilnehmer im Minutentakt vor dem prächtigen Rathaus auf die Reise nach Süden geschickt, eine Tour durch den Schwarzwald mit vielen Sonderprüfungen, mittags auf Europas größtem Marktplatz in Freudenstadt am Kniebis, abends dann zur blauen Stunde über die Höhenzüge des Kandel und Schauinsland zum ersten Etappenziel im Dorint-Hotel an den Freiburger Thermalquellen.
Erste technische Schwierigkeiten wurden durch das professionelle Team samt Begleitfahrzeug des AvD behoben, auch die Service-Kolonne des Sponsors Škoda war dienstbar zur Stelle.
Den Morgen des Donnerstags ging es hinauf auf die über 1100 Meter des Hochblauen bei einem atemberaubenden Panorama mit glasklarer Sicht bis in die Hochalpen. Anschließend genoss das Feld die Sondergenehmigung zur Einreise in die Schweiz über die sonst gesperrte historische Bogenbrücke von Rheinfelden. Bald schon stieg die Route hinauf in den Schnee des Jura. Mittlerweile musste bereits die 15. Sonderprüfung absolviert werden, bevor mittags zur Einkehr in den großen historischen Saal des Hotels du Lac in Malbuisson eingeladen wurde. Die Pause war willkommen, schließlich hält der Donnerstag die größten Distanzen parat. Das merkte auch die Besatzung des ältesten Fahrzeugs im Felde, eines Riley Special Roadsters von 1936…
Abends wurde gern das Hotel Golden Tulip in Aix les Bains bezogen. Schnell relativierten sich an der Tafel die Strapazen des Tages.
Der Freitag begann mit der 20. Sonderprüfung und die Reise ging bei perfektem Wetter in Richtung Grenoble, über die historische Route Napoléon, auf der der Kaiser 1815 aus dem Exil kommend nach Paris marschiert war, um alsbald sein letztes Kapitel bei Waterloo zu erleben. Und kleine Waterloos gab es auch in den Sonderprüfungen, denn das gehört zum Rallyesport dazu. Abends lag dann irgendwann das Meer am Horizont! Die Côte d´Azur war erreicht. Das Licht ganz anders, die Luft mild, in manchen Gärten blühten schon die Kirschen. Das Hotel Pullman Royal Casino in Mandelieu bei Cannes liegt direkt am Meer. Ein Frühstück mit blendendem Sonnenaufgang über dem Wasser, was für ein Luxus, welch Erlebnis…
Und das Beste kam erst noch! Ein Samstag auf historischem Boden. Über den berühmten Col de Turini, der als Nachtetappe der Rallye Monte Carlo zur „Nacht der langen Messer“ mutierte. Doch was nachts erschaudern lässt, präsentiert sich im strahlenden Sonnenschein des Vorfrühlings als atemberaubende Kulisse in einer wilden Berglandschaft, wo sich die Straße hindurch windet und manchmal in Serpentinen emporsteigt, die wie die Schwalbennester an den Felsen geklebt sind. Der zweifache Rallye-Weltmeister Miki Biasion ist dabei, ein Kaffee im Hôtel des trois Vallées auf der Passhöhe, mittags im Restaurant Dall´Ava in San Romolo, zwischen den Olivenhainen der ligurischen Küste, tief unten im Blau die Küste von Sanremo. Gekrönt wurde die Tour mit der Einfahrt auf den Kai des Yachthafens von Monaco, so, wie es sich für eine Rallye Monte Carlo gehört.
Dieser letzte Tag der 22. AvD-Histo-Monte ging mit der Abendgala im Hotel Pullman zu Ende, und alle Drangsal der letzten Tage war bald verflogen. Kabarettist Urban Priol lachte laut über die angeblich reine Spaßveranstaltung, die in der ersten Wertungsprüfung bereits zur eisenharten Challenge mutieren kann – und der Saal lachte mit, allesamt ertappt als Petrolheads einer Prägung, deren Herz am klassischen Automobilsport hängt und deren Teilnahme an der AvD-Histo-Monte eines der letzten Refugien dieser Art darstellt. Viele warten bereits auf 2021, wenn es endlich wieder heißt: Auf nach Monte Carlo!
]]>Das Fürstentum Monaco an der französischen Seegrenze zu Italien ist eine der großen Heimstätten des Motorsports. Bereits 1911 wurde mit der Rallye Monte Carlo die erste Veranstaltung dieser Art auf der Welt veranstaltet, 1929 trug man den ersten Grand Prix in Monaco aus. Mit dem Start der Formel 1 wurde 1950 das erste Rennen in dem Stadtstaat an der Riviera gefahren, seit 1955 gehört es in den alljährlichen Rennkalender. Gemeinsam mit den 500 Meilen von Indianapolis und den 24 Stunden von Le Mans beschert ein Grand Prix-Sieg im monegassischen Fürstentum eine der begehrten Grand-Slam-Kronen des Motorsports.
Ein großer Freund des Automobils war auch Fürst Rainier III. aus dem Herrscherhaus der Grimaldi, (1923-2005), der bereits ab Ende der 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine Sammlung an bedeutenden Oldtimern zusammentrug. Im Laufe der Jahre wuchs diese außergewöhnliche Sammlung sehr schnell, und schon bald wurde selbst die geräumige Remise des Schlosses auf dem Felsen von Monte Carlo zu klein. 1993 entschloss sich der Monarch daher, die Sammlung auszulagern und zugleich einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
In den Terrassen von Fontvielle, oberhalb eines Einkaufszentrums am kleinen Hafen, direkt im Schatten des Schlossberges auf der westlichen Seite in Richtung des Cap d´Ail, findet man seither diese außergewöhnliche Kollektion. Besucher parken bequem im Untergeschoss des Stadions für den AS Monaco, das nur 200 Meter entfernt ist.
Die Sammlung umfasst über 100 Automobile aus mehr als 100 Jahren. Dazu gibt es einige fürstliche Kutschen aus dem 19. Jahrhundert zu sehen. Besonders interessant erscheint uns dabei der über Jahrzehnte erhaltene Fuhrpark des Fürstenhauses, der einen sehenswerten Querschnitt durch den Stil der Zeiten liefert. So also fuhr man als Aristokrat an der Riviera. Die Frühzeit zeigt Renaults und andere Franzosen, selbst ein Humber-Motorrad aus der Zeit der Jahrhundertwende ist dabei. Doch bald schon geht der Blick nach Großbritannien. Mehrere Rolls Royce ab den Zwanziger Jahren sind dabei, allerdings ist kein Bugatti in der Sammlung zu finden, jedoch ein prachtvoller Hispano-Suiza, der ebenfalls in Frankreich hergestellt wurde. Nach dem Krieg überwiegen wieder französische Produkte, Delahaye, Delage und Facel-Vega, Hotchkiss und andere. 1956 heiratete Fürst Rainier III. Grace Kelly, den amerikanischen Hollywood-Weltstar, mit dem eine unvergleichliche Glamour-Periode für das Fürstentum begann. Und so finden auch große amerikanische Straßenkreuzer in den Fuhrpark, vom Chrylser Imperial über mehrere Cadillacs.
Fürst Rainier hat aber Fahrzeuge gesammelt, die eine besondere Bedeutung oder auch ein symbolischen Charakter haben. Mit himmelblauem Trabant, BMW Isetta, Ente, Crèmeschnittchen und Citroen DS etc sind manche Meilensteine vertreten, die sicherlich nicht in der fürstlichen Garage geparkt haben. Allerdings gibt es auch einen Fiat 600 Jolly, das Strandbuggy-Cabriolet mit Rattansitzen und gestreiftem Zeltdach à la Hollywood-Schaukel: diese Spaßmobile waren Spielzeuge des Jet-Set der 60er Jahre. Fiat-Boss Gianni Agnelli hatte sich so ein Ding auf Basis des Fiat 500 für das Heck seiner Yacht schneidern lassen. Als er den Floh erstmals vor einer Tiki-Bar in Antibes parkte, war eine Ikone geboren, die viele haben wollten.
Von Fürstin Gracia Patricia, der einstigen Grace Kelly, sind ebenfalls einige Fahrzeuge in der Sammlung. Besonders sticht dabei ein blaues Sunbeam Alpine Cabriolet von 1955 heraus, das Filmgeschichte geschrieben hat. In Alfred Hitchcocks Klassiker „Über den Dächern von Nizza“ steuerte die allseits bewunderte Filmdiva den Wagen gemeinsam mit Cary Grant bei einer Verfolgungsjagd über die kurvige Küstenstraße der Corniche oberhalb von Nizza nach La Turbie über Monaco. Wer hätte damals ahnen können, dass sie eben dort, auf den Serpentinen hinab zum Fürstentum, 1982 tödlich verunglücken sollte.
]]>Die Oldtimer-App gratuliert Deutschlands berühmtesten Querlenker
Vor 70 Jahren wurde Walter Röhrl in Regensburg geboren. Der zweifache Rallye-Weltmeister und vierfache Gewinner der Rallye Monte-Carlo auf vier verschiedenen Fabrikaten war von 1973 bis 1987 als Rallyeprofi aktiv und wurde zum Weltstar dieser Szene. Als einer der ganz wenigen Fahrer war er auch auf der Rundstrecke im Straßenrennwagen erfolgreich. Seit 1993 ist er nicht nur Repräsentant, sondern auch Versuchsfahrer bei Porsche. Auch die aktuellen Modelle profitieren von Walter Röhrls enormer Erfahrung und analytischer Strategie zur Verbesserung des Handlings und der Sicherheit.
Herzlichen Glückwunsch zum runden Geburtstag, Walter Röhrl, bleiben Sie gesund!
Früh schon hatte er eine besondere Beziehung zum Automobil: Sein großer Bruder war begeisterter Motorsportler, und auch der kleine Walter fuhr bereits als Steppke auf dem Platz des väterlichen Steinmetzbetriebes heimlich mit dem Auto herum. Er machte eine kaufmännische Ausbildung beim Bischöflichen Ordinariat in Regensburg und wurde Fahrer eines Juristen, der die sieben Diözesen Bayerns bundesweit in Immobilienangelegenheiten vertrat. So kamen schnell sehr viele Kilometer an Erfahrung zusammen. Allerdings war der Dienstwagen ein untermotorisierter Diesel-Mercedes, und das ist ein erstes Geheimnis seines späteren Erfolgs: Um die schwere Fuhre im Schwung zu halten, war er bald auf der Suche nach der Ideallinie, um das Auto möglichst dynamisch zu bewegen. Das ist ein Grundzug, den er selbst so erklärt: „Du musst die Kurve idealerweise so ansteuern, dass du sie am Lenkrad nicht mehr nach zu regulieren brauchst.“
In den frühen 70ern tauchte der „Lange“ mit einem Ford Capri bei den ersten Rallyes auf und musste erleben, dass seine Ergebnisse nacheinander gestrichen wurden, weil die Zeitnehmer die Spitzenwerte des Neulings als Messfehler einschätzten. Bis heute stoppt Röhrl seine Zeiten selbst, so tief hat sich diese Erfahrung bei ihm eingebrannt!
Bald als Werksfahrer bei Opel, errang er die ersten Erfolge mit dem leider bereits verstorbenen Copiloten Jochen Berger, mit dem er den ersten Weltmeisterschaftslauf gewinnen konnte. Alle weiteren Erfolge erzielte er mit Christian Geistdörfer.
Dabei hat er den Rummel immer vermieden. Er hätte öfter als zweimal Weltmeister werden können, konnte aber den Hype um seine Person nicht gut ertragen. Wichtig sind ihm die vier Siege bei der Rallye Monte-Carlo, denn da zeigt sich sowieso die wahre Meisterschaft. Wer die Monte gewinnt, kann auch alles andere gewinnen. Walter Röhrl gewann sie auf Fiat, Opel, Lancia und Audi. Damit dürfte die Sache wohl klar sein…
Er liebte außerdem nie den Fight um die Zehntel, er wollte richtig gewinnen, am liebsten mit zehn Minuten Vorsprung. Oft genug ist ihm das auch gelungen. Übrigens nicht nur auf der Schotterpiste. Da gibt es die Anekdote, dass er einst mit einem Ferrari auf der Nordschleife des Nürburgrings eine Runde drehte, um auf ein identischen Modell zu treffen. Na klar, so sind Jungs halt, ging es sofort um die Wurst und Röhrl nutzte einen winzigen Verbremser des anderen, um vorbei zu ziehen. Auf der langsamen Abkühlfahrt zur Döttinger Höhe kam der Zweite heran und wollte wissen, wer ihn da versägt hatte. Es war der siebenfache Formel 1-Weltmeister Michael Schumacher.
Die Welt verbindet den Namen Walter Röhrl bis heute natürlich auch mit der brachialen „Gruppe B“, die allerdings 1986 abgeschafft wurde, weil zu viele Unfälle passiert waren. Der von ihm verwendete Audi quattro S1, das „Flügelmonster“ mit über 500 PS, wurde 1987 noch einmal auf über 600 PS gebracht und machte ihn auch zum Champion des Ritts in die Wolken, dem Bergrennen auf der Schotterpiste hinauf auf den Pikes Peak im US-Bundesstaat Colorado.
Und die zahllosen Fans? „Der Walter sagt immer, was er denkt“, so das große Credo. Dafür lieben sie ihn. Und dafür, dass er immer Zeit für sie hat. 200 Autogramme am Stück. Kein Problem. Es geht mal eben an den Nachbartisch, die Herrschaften müssen auf ihn verzichten. Dort kreist dann stoisch der Edding und auch hier zeigt sich die Präzision, die ihn so sehr ausmacht: Wie gedruckt in allen Größen, auf Karten, Modellen, Tankdeckeln und Mützen, in allen gewünschten Formaten.
Die Präzision. Das Direkte. Was für eine Verbindung.
Herzlichen Glückwunsch, Walter Röhrl!
]]>Die Rallye Monte Carlo wurde 1911 aus der Taufe gehoben und war ursprünglich eine Sternfahrt aus ganz Europa nach Monaco, wobei bei widrigsten Umständen die teilnehmenden Fahrzeuge auf ihre Tauglichkeit geprüft wurden. Wer in den frühen Jahren diesen beinharten Wettbewerb gewinnen konnte, der hatte echte Argumente im Verkauf. Ganz ähnlich verhielt es sich ab 1928 mit den Siegen auf dem Nürburgring: „Jeder lobt, was Nürburgring-erprobt“ war ein gängiges Bonmot.
In der Frühzeit schon stand das Casino von Monte Carlo als Ziel fest, und die Starts in den verschiedenen Ländern wurden ebenfalls oft an einem Casino veranstaltet. Daher kommt der klassische Start in Bad Homburg, der allerdings aus Platzverhältnissen heute vermieden wird. Nicht weit entfernt liegt die Klassikstadt in Frankfurt, jenes vierstöckige, dreiflügelige Backstein-Industriedenkmal mit großem Innenhof, das sich hervorragend für alles rund um eine so große Oldtimer-Rallye eignet.
Die originale Monte geht teilweise über abgesperrte Wertungsprüfungen, die so schnell wie möglich gemeistert werden müssen. Das ist bei der historischen Ausgabe natürlich nicht der Fall. Die Wertungsprüfungen sind vor allem Gleichmäßigkeitsläufe, hinzu gesellen sich geheime Durchfahrtskontrollen, die es den Teams nicht ganz so einfach machen, im vorderen Feld zu landen. Jedenfalls ist ein Sieg bei der AvD-Histo-Monte ein besonderer Erfolg, der auch im Rallyekalender wahrgenommen wird.
Der Vortag
Dienstagmorgen in der Klassikstadt Frankfurt. Das große, dreiflügelige Backsteingebäude aus der Kaiserzeit liegt um halb acht noch ganz still in der Dämmerung. Bereits Montag wurde alles für die 82 startenden Teams zur 21. AvD Histo-Monte vorbereitet. Im zweiten Stockwerk der alten Fabrik ist das temporäre Büro der Agentur PlusRallye eingerichtet, wo gleich, ab 11 Uhr, die Dokumentenabnahme stattfinden wird.
Langsam kommt nun Schwung in den Laden und die ersten Fahrzeuge treffen im weitläufigen Innenhof ein, die sich in den nächsten Tagen auf das große, klassisch motorisierte Abenteuer nach Monte Carlo begeben werden. Links und rechts wird dieses Szenario stilvoll von zwei gläsernen Schaukästen im XXL-Format eingerahmt, in denen die Audi Tradition zwei eindrucksvolle Rallye-Ikonen ausgestellt hat. Dabei auch Walter Röhrls Audi Sport quattro S1, der inzwischen von vielen Gästen mit Kameras umlagert wird.
Nun hat das Team in der Dokumentenausgabe alle Hände voll zu tun, denn der Andrang der Teilnehmer wächst in der Mittagszeit. Jacken werden ausprobiert, die praktischen Kunststoffkästen von Bott ausgegeben mit Roadbook und allem, was für die Rallye gebraucht wird, dazu eine großes Winterset von Sonax, um auch im Hochgebirge den klaren Blick zu bewahren.
Im Hof machen sich die ersten auf den Weg zur Eichstrecke, um ihre Messgeräte onboard auf die richtige Gangart zu trimmen, während der TÜV Süd die technische Abnahme durchführt. Glanz haben die Prüfer auf den Augen, wenn zum Beispiel beim Porsche 911 mit kurzem Chassis von 1968 die Klappen geöffnet werden: ein Auto, original dem Monte-Siegerwagen von Vic Elford nachempfunden, ungedämpft und abgestrippt bis aufs blanke Blech, auf dem der Überrollkäfig verschraubt ist. PlusRallye-Moderator Peer Günther stellt die Fahrzeuge der Reihe nach vor, und das Publikum geht mit, bis ein Raunen durch die Menge geht: er ist da!
Auf dem Parkplatz bildet sich eine dichte Traube um den soeben eingetroffenen Audi Quattro A2, dem nun der zweifache Rallye-Weltmeister Walter entsteigt. Der „Lange aus Regensburg“ muss sofort den Edding zücken und Rallyeschilder, Plakate und alles andere signieren, Motorhauben und sogar das ferngesteuerte Modell eines Audi quattro samt Karton von 1982. „Den habe ich selbst als Kind geschenkt bekommen“, so der Autogrammjäger, „ich war schon immer Röhrl-Fan, wie man daran leicht erkennen kann“, und der nun mit Unterschrift gekrönte Westentaschen-Bolide wird ganz vorsichtig verstaut.
Das breite Feld der Skoda-Fahrzeuge fällt auf, was aber auch kein Wunder ist. In den nächsten Tagen wollen die Tschechen an den ersten Monte-Klassensieg erinnern, der ihnen vor genau 40 Jahren geglückt ist. Und im Publikum auch eine Rallye-Legende aus der ehemaligen DDR. Wir wechseln einige nette Worte mit Egon Culmbacher, der einst auf Wartburg 353 erfolgreich unterwegs war.
Nach einem Fahrer-Lehrgang mit dem AvD-Histo-Monte-Initiator und fünffachen deutschen Rallyemeister Peter Göbel folgte am Abend eine Begrüßung und das Fahrerbriefing, bevor der Abend mit einem Fahrerfest in der Klassikstadt Frankfurt zuende ging. Nun wartet alles auf den Start der 21. AvD-Histo-Monte!
Tag 1: Von Frankfurt über Geroldsau nach Freiburg
Über den Fluß auf den Berg und durch die tiefen Wälder
Milchig schält sich die Silhouette der Mainmetropole aus dem Dämmerlicht des Morgens. Dampf steht vor den Gesichtern, die Kragen hochgeschlagen, Mützen tief in die Stirn gezogen. Endlich feuern die ersten Gasstöße über den großen Hof der Klassikstadt, das Konzert der warmlaufenden Maschinen schwingt im Grundton der alten offenen Vierzylinder, im Bass dazu die Sechs- und Achtzylinder, die eine gemeinsame Fanfare intonieren: Los geht’s! Auf zur AvD-Histo-Monte 2017!
Und während die ersten Wagen numerisch in Aufstellung gehen, brühen und zapfen die tapferen jungen Damen von Botts Unmengen an heißem Kaffee, um die letzte Müdigkeit in den blauen, nur ganz leicht verhangenen Himmel zu vertreiben. Der erste Fahrerabend, das traditionelle Briefing durch Initiator Peter Göbel mit Kennenlernen und Wiedersehen der teilnehmenden Teams, hat am Vorabend vernünftigerweise nicht allzu lang gedauert.
Nun läuft der Countdown und die Startnummer 1, Dietmar Gornig, der Vorjahressieger, macht sich im Audi Urquattro auf die Reise zum ersten Tagesziel nach Freiburg im Breisgau. Im Halbminutentakt folgen die Fahrzeuge und verlassen auf dem schnellsten Weg über ein paar Autobahnkilometer die Stadt, um bald schon in den schönen Odenwald auszuweichen und jene Wege zur Hirschhorner Höhe einzuschlagen, die Bilder produzieren, wie man sie nur noch aus der Vergangenheit zu kennen scheint.
Sie sind noch alle so wohltuend unterschiedlich, jeder Schwung, jeder Buckel ist anders, ja, manchmal erscheinen die Automobile von einst kaum artverwandt, und sie beleben die kurvigen Nebenstraßen über Berg und Tal mit eben diesem besonderen Flair vergangener Zeiten, auf das sich auch mancher Zuschauer am Wegesrand gefreut hat. Denn wie immer wurde entlang der Etappen wieder in großzügiger Auflage das Programmheft verteilt, und so wissen die Odenwälder Nummer für Nummer, was dort im Morgenlicht vorbei rauscht.
Dann schlängeln sich die Straßen durch die Wälder hinunter bis nach Sinsheim, und der Odenwald bleibt hinter dem Feld zurück. In den Schwarzwald geht es hinauf, und dunkel verschieben sich die haarscharf gerissenen Silhouetten der dicht bewaldeten Kämme in jenen Nebelfetzen, die einst schon bei Wilhelm Hauff und seinem „Kalten Herz“ für ein wohliges Erschauern gesorgt haben. Aber doch geht es den Alpen entgegen, und allen ist das mittags an der Geroldsauer Mühle ins Gesicht geschrieben: In die Alpen! Der Schwarzwald ist schön. Aber wir wollen in die Alpen.
Pech hat allerdings ein Team, dessen Lancia Fulvia Coupé mit Motorschaden ausfällt. Schnell kann die Reise mit einem alten Automobil bei unüblicher Belastung zu Ende sein, alle wissen das, und alle in der Gemeinde der echten Petrol-Heads fürchten diesen lähmenden Moment.
Wir freuen uns jedoch auf ein Wiedersehen bei der AvD-Histo-Monte 2018!
Am Nachmittag macht sie wieder einmal das neue PlusRallye-Roadbook nützlich, das ohne die Chinesenzeichen auskommt, bei denen man so höllisch aufpassen muss und die zuverlässig den Genuss mancher Panoramen trüben.
Das Starterfeld schlängelt sich hinauf an den Hohen Ochsenkopf, links, rechts, links, aber doch hält die große Kompassnadel über allem ganz stoisch nach Süden. Über Elzach und Waldkirch geht es hoch und höher bis in die kalte Stille auf dem verschneiten Kandel, dann endlich führt das Roadbook hinab ins Rheintal und am frühen Abend ist das Freiburger Dorint Hotel an den Thermen nach 442,91 Tageskilometern erreicht, um dort einen entspannten Abend unter Freunden bereit zu halten.
Tag 2: Von Freiburg über Malbuisson nach Aix-les-Baines
Und alles andere bleibt da unten zurück…
Man könnte in gewohnter Manier ja damit beginnen, wie sich die Teams noch einmal wohlig in den Betten wälzen, außerhalb von Freiburg, im komfortablen Dorint-Hotel an den Heilquellen.
Man könnte.
Aber stellen wir uns doch lieber etwas später, gegen halb acht, ein paar hundert Höhenmeter weiter oberhalb auf den Schauinsland, den Hausberg der Freiburger, der noch starr und blau in der winterlichen Kälte schläft. 780 Höhenmeter Bergrennstrecke, die sich auf zwölf Kilometern in 173 Kurven zur Passhöhe winden. Von 1925 bis 1984 war es die längste Herausforderung dieser Art in Deutschland überhaupt.
Und während an den schönsten Kurven schon so manche Fotografen bibbern, kommt da etwas herauf. In kurzen, gut dosierten Stößen, unüberhörbar, unaufhaltsam, unmissverständlich.
Es ist die ganz spezielle Morgengabe der Audi quattro.
Startnummer 1, die Vorjahres-Histo-Monte-Champions Dietmar Gornig und Stephan Hinze erreichen zuerst den Scheitel, dann dauert es nur noch wenige Augenblicke und die Startnummer 8 kommt vorbei geflogen, kaum einen Moment für den Auslöser lassend. Walter Röhrl in seinem Element. Schauinsland. Freie Fahrt, nix los, kein knebelndes Hinke-Limit, dazu klare Luft, und die Temperatur deutlich unter null. „Das war sehr schön,“ sagt er später, „vor allem, weil die Strecke nicht ganz trocken war.“
Dann folgen die Startnummern 2 bis 7, 9 und so weiter…
Hoch auf dem Pass gibt es Kaffee bei Botts und nun erstrahlt die Sonne im Osten, während die Täler noch in tiefes Nebelmeer gehüllt sind.
In weiten, unendlich weiten Wogen schieben sich vor uns die Wipfel des hohen Südschwarzwalds hintereinander und sinken von Weite zu Weite ins intensivere Blau des unendlichen Sfumato, um das schon die Maler der Renaissance gerungen haben, bis es Leonardo selbst in den Kanon seiner hohen Kunst einfügte: alles vergeht undeutlich in der Ferne, nur der Weg dahin und hindurch, der liegt als Roadbook auf den Knien des Beifahrers.
Das Feld taucht wieder ab in den Nebelschwaden, auf und ab. Schmale Straßen, enge Kurven, steile Felsen, so geht es dem Rhein und somit der Schweiz entgegen. Dann Rheinfelden, alte Grenze, und den Initiatoren von PlusRallye ist es gelungen, die alte Bogenbrücke samt anliegender Altstadt für die AvD-Histo-Monte zu öffnen. Was sonst nur noch den Fußgängern erlaubt ist; hier rollen nun die automobilen Raritäten, und das Publikum ist ebenso bunt wie jung und alt, vom schwarzen Biker bis zum neugierigen Kiga-Stöpsel.
Aus dem Rheintal heraus steigt die Route alsbald ins Obere Jura, und auch hier wird die traditionsreiche Bergrennstrecke St. Ursanne – Les Rangiers in das Roadbook eingebunden; Kurven, wie sie sein müssen!
Doch schnell ist die Schweiz wieder verlassen und der Weg führt nun konstant nach Süd-West, wie eine Verheißung., fast schon wie ein erster leiser Ruf aus Monte Carlo.
Am Lac de Saint-Point, in Malbuisson wird mittags schließlich getafelt, und wieder sind über 300 Kilometer bewältigt. Aber der Sonnenschein entschädigt für das freiwillig installierte Sportgestühl, das im Tageslauf der polternden Nebenstraßen gern mal die kommode Maske fallen lässt, um sich als grobschlächtige Büßerbank zu präsentieren.
Doch wer hätte es anders gewollt?
Denn ja, es ist eines der letzten Abenteuer aus den goldenen Zeiten der Motorisierung. Seit 1911 führt die Sternfahrt in das kleine Fürstentum der Grimaldis. Und wie auch immer sich die Zeiten entwickeln werden – wer das noch erleben möchte, der sollte sich sputen, wer weiß? Die Rallye selbst ist immer mit der Zeit gegangen, aber ihre Hommage huldigt den großen Jahren, in denen die individuelle Mobilität als ein unschätzbarer Grundzug unserer Freiheit begriffen wurde.
Die vierte Etappe im Anschluss führt nun endlich hinauf in den Schnee. Durch den Parc naturel de Haut Jura und bald auch in Serpentinen hinauf auf den Col de Menthieres. 200 Kilometer gilt es so noch einmal zu bewältigen, bis in der Dunkelheit der Marktplatz von Aix-les-Baines als Tagesziel erreicht wird. Hier in der Stadt der heißen Schwefelquellen, bereits mondänes Reiseziel der Belle Epoque, bereitet sich die 21. AvD-Histo-Monte auf den dritten Tag vor, der über Grenoble und Crots bis an die Côte d´Azur führen wird.
Tag 3: Von Aix-les-Baines über Crots nach Cannes
Wenn die Sonne durch den Nebel bricht
Aix-les-Baines, und der Morgen des dritten Tages zeigt einem im Dunkeln vorerst die nasse, kalte Schulter. Die Nacht hindurch hat es geregnet, aber das ist vollkommen nebensächlich. Und nach dem Restart um 7.15 Uhr wird schnell gewiss, dass nun endlich der Winter wartet.
Als das Blau des Morgens durchbricht, starten die ersten Fahrzeuge zur 13. Prüfung hinauf auf den Mont Revard. Was als flüchtiger Schneematsch beginnt, gewinnt mit der Höhe an Festigkeit und schließlich erstreckt sich eine blendend weiße Landschaft unter strahlend blauem Morgenhimmel, wie im Bilderbuch.
Immer weiter geht es über unzählige Kurven und Kehren, bis mit dem Col du Lautaret auf 2058 Metern ein erster großer Höhepunkt des Tages erobert wird.
Überhaupt werden diee Kurven und Kehren das Gebot des Tages sein. Im Gebirge gibt es keine alten Wege, die gerade sind. Der Abstieg ins Tal und die Runden auf der Eisbahn des Circuit Serre Chevalier indes können den nahenden Frühling nicht mehr verleugnen. Zu warm ist es bereits in den letzten Tagen gewesen, und dort einmal die Kuh so richtig fliegen zu lassen. Und überhaupt bemerkt man wieder dieses Wunder des Lichtes. Plötzlich ist es da, dieses mediterrane Gefühl, das sich erst im Gemüt ausbreitet, bevor man es gedanklich zu fassen bekommt. Kein Wunder, dass Generationen von Malern in diesen gesegneten Landstrich geflohen sind, um der winterlichen Tristesse der Großstädte des Nordens zu entkommen.
Nach der 15. Prüfung wird in der Mittagszeit nach 276 Kilometern der 5. Gesamtetappe das Restaurant „Les Bartavelles“ in Crots erreicht. Es ist ziemlich genau die Hälfte an Tageskilometern, denn die 6. Etappe hält noch einmal 278 unvergleichlich kurvige Kilometer bereit.
Die Tour führt nun am glasklaren Lac de Serre Poncon entlang, überquert ihn und steigt auf den 1110 Meter hohen Col Lebraut. Aber alles das ist nur Vorgeschmack auf die unwirklich erscheinende Ansammlung von Haarnadelkurven, mit denen die schmale Straße sich später wie eine große Schlange vom Col de Sagnes ins Tal von Bayons hinunter windet, überkrönt von einem mächtigen Panorama aus schneebedeckten Gipfeln in der fernen Höhe.
Über Sisteron mit seiner mächtigen Zitadelle folgt die Etappe nun dem Tal der Durance, um anschließend den Col d´Espinouse zu erklimmen. Aber das größte Naturschauspiel des Tages präsentiert in der Dämmerung: Der Grand Canyon Frankreichs, die Schlucht von Verdon, wird auf halber Höhe von einer atemberaubenden Panoramastraße durchmessen, die als 19. Wertungsprüfung unter die Räder genommen wird. Viele, viele Kurven und Kehren wurden bisher schon gemeistert, nun gibt es sozusagen noch einmal den Nachschlag en gros, gefolgt von zahllosen weiteren Richtungswechseln. Wer nun am Abend endlich die ersten Olivenbäume, dann auch Palmen und Citrusbäume ausmacht, der hat sich dieses Stück Frühling im Winter wirklich redlich verdient. Und endlich erreicht man die Palmenpromenade von Cannes und dahinter rauscht leise das Mittelmeer, schlagen die ruhigen Wellen an den Strand und vor uns erhebt sich das Pullman Royal Casino, Hotel direkt am Meer, Ausgangspunkt für das große Finale am Samstag!
Tag 4: Von Cannes über den Col de Turini nach Monte Carlo
Hinauf zu den Sternen
„Wenn ich hier oben bin, dann ist das wie früher. Vielleicht liegt es an dem großen Erfolg von damals. Aber auf dem Turini fühle ich mich dreißig Jahre jünger. Ich habe keine Sekunde bereut, hier noch einmal mitzufahren.“ So formuliert es Walter Röhrl am Kamin im Hôtel des Trois Vallées, wo ihm schon immer Mme Laetitias legendärer Blaubeerkuchen besonders geschmeckt hat.
Es ist der unbestrittene Höhepunkt des vierten Tages der 21. AvD-Histo-Monte. Vielleicht der Höhepunkt überhaupt bei dieser Zielfahrt auf historischen Originalstrecken aus über 100 Jahren Rallye Monte Carlo.
Dabei beginnt schon der Morgen mit einem besonderen Schauspiel, nach einem langen Winter.
Leichte Bewölkung an der Côte d´Azur, schnell hebt sich die Dämmerung über der Strandpromenade von Cannes, deren Beleuchtung wie eine funkelnde Perlenschnur das Land vom Meere trennt. Die blaue Stunde. Und beim Frühstück im seeseitigen Saal des Pullman Hotels Royal Casino steigt ein tiefroter Streifen aus dem Meer, gefolgt von einem Sonnenaufgang, der einen wunderbaren Tag verheißt: Es geht mit einem Hauch von Frühling hinauf auf den Col de Turini!
Doch erst einmal lauern gleich zwei Geheime DKs, um ordentlich in Schwung zu kommen. Wer jetzt das Roadbook nicht richtig gelesen hat, der zieht keinen Joker. Aber wie auch immer, die schmale Straße windet sich bei Les Gleirettes den Berg hinauf, wie ein Vorgeschmack auf die weltberühmte Passstraße in der Mittagszeit.
Und weiter geht es, über Col de la Sine und Col de Bleine, nun bereits 1439 Meter über dem Meer. Wie groß aber dann der Kontrast in der Tiefe, denn noch einmal geht es hinunter und am Grunde der Schlucht des Clue de St. Auban rauscht laut der schnelle Fluß, der diesen märchenhaften Schlund gegraben hat, durch den sie einst wie einen steinernen Aberwitz die Straße hindurchgetrieben haben.
Doch dann ist es endlich soweit.
Die Nadel im mechanischen Kompass dürfte fast kreiseln wie ein Propeller, denn das Hin und Her der Spitzkehren am Fuße des Turini lässt bereits ahnen, was nun kommt. Aber die Überraschung ist noch größer, denn oberhalb der letzten Häuser ist man plötzlich allein mit sich, dem Auto, der Straße und dem Himmel.
Gehöriger Respekt stellt sich ein. Dieses Ding bei Nacht bezwingen? Gegen die Uhr? Und gegen die Gewissheit, die droht, wenn nur ein Fehler geschieht…
Steiler wird der Fels, immer höher steigt das Band, immer weiter das Panorama, immer tiefer der Blick über die nur kniehohen Mauern.
Dann ist der Schnee wieder da, obwohl in Cannes bereits die ersten Blüten sprießen. Die Bäume werden weiß, unter dicken Bäuschen duckten sich die knorrigen Tannen und gefrorene Mauern aus verharschtem Schnee steigen am Straßenrand bis auf Augenhöhe.
Und oben dann, inmitten des plötzlichen Winters, die Pause im Hôtel des Trois Vallées, dem Haus der drei Täler, denn es führen auch drei Wege hinauf auf den Col de Turini mit seinen über 1600 Höhenmetern.
Bis auf den letzten Platz schieben sich die Teilnehmerfahrzeuge auf dem Parkplatz zusammen, ebenso eng aber freudig die Stimmung im Hause. Und mitten drin ein gelöster Walter Röhrl, der besonders gerührt zu sein scheint. Viermal Sieg auf vier verschiedenen Marken. Hier hat er alles erreicht, was man in seinem Sport erreichen kann. Die Monte ist die Monte. Und alle haben soeben eine Ahnung bekommen, was das wirklich an Herausforderung bedeutet.
Ebenso spektakulär folgt dann der Abstieg in Richtung Monte Carlo. Der Yachthafen von Monaco, dort, wo auch die offizielle Monte endet.
Aber erst einmal sind da wieder Serpentinen über Serpentinen, die teils in gemauerten Blöcken übereinanderliegen. Wer hat so etwas dereinst gebaut? Dann wandert eine bruchsteinerne Bogenbrücke in den Blick, die auf eine Kapelle zuläuft, die wie ein Adler auf dem Felsen thront, hoch über dem Tal und der Strecke, die schon so viele Stoßgebete erlebt haben muss.
Und noch immer geht es über kurvige Straßen weiter, so, als würde das nun für immer so bleiben.
Aber dann ist da plötzlich zwischen den Felsen diese unwirklich hohe Linie am Horizont, wo sich das Dunkelblau mit dem mediterranen Himmel verbindet: das Meer! Und wie in den schroffen Abgründen am Morgen schiebt sich der Verkehr nun durch die Häuserschluchten von Monaco, diesem eigenartigen Gebilde am Fuß des Gebirges, das in die Höhe wachsen musste, weil es keine Fläche mehr gibt.
Doch der Hafen bietet noch immer Platz für das Starterfeld, das nun die schmutzverkrusteten Klassiker abstellt, um diesen besonderen Triumph zu genießen: Es ist geschafft. 1730 Kilometer in vier Tagen, und niemand kann die Kurven zählen. Etwas Müdigkeit wird weggeblasen von der Besonderheit des Augenblicks. Es ist ein Erlebnis fürs Leben. Eine Erinnerung, die bleiben wird, ebenso wie die Freunde, die man gewonnen hat. Und die sagen sich am Abend nach der festlichen Abschluss-Gala ein Lebewohl bis zum nächsten Mal. Denn viele werden wieder dabei sein, wenn es im Februar 2018 heißen wird: Der Berg ruft! Zur 22. AvD-Histo.Monte!
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