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Die 1920er standen ab ihrer Mitte für den wirtschaftlichen Aufschwung und die Blütezeit der deutschen Kunst, Kultur, Wissenschaft und Mobilität. Ein Zeitalter ungeheurer Innovationen und es scheint, als ob Leben und Mobilität untrennbar miteinander verbunden wären. Fahrzeuge wurden erschwinglich, kostete ein Opel „Laubfrosch“ anfangs noch 4.500 Rentenmark, drückte das Fließband den Preis auf mittelständische 1.930 Reichsmark.
Opel Laubfrosch 4 PS, Baujahr 1924-1931
Mit diesen Gedanken und einer fixen Idee also raus in den klaren und kalten Neujahrsmorgen. Scheune auf und da wartet sie schon – eine FN 350 Sahara von 1928 – das wird ihre Dekade – in 8 Jahren 100! Ihr gebührt die erste Ausfahrt der neuen 20er. Also Spritkanister her, Vergaserdeckel auf und angießen, Choke öffnen und mit einem beherzten Tritt auf den Kicker knattert die „Moulin Rouge“, deren Beinamen sie der freiliegenden Schwungscheibe noch vor der Durchquerung der Sahara verdankte, los.
Sahara? Die französischen Offiziere Bruneteau und Gimie planten 1927 auf Motorrädern die Tanezrouff Wüste (ein Teilstück der Sahara) zu durchqueren und bis nach Dakar zu fahren. Was heut klingt wie zwei hippe Werber, die ihren Job an den Nagel hängen um das große Abenteuer zu suchen, war damals ein noch verrückteres Unterfangen als es das selbst heut noch mit modernster Technik bei der Paris – Dakar ist.
Die M 70 war ein wirtschaftliches, technisch einfaches Modell, das später großen Absatz fand und eben zur Massenmotorsierung beitrug. Der seitengesteuerte 350er Blockmotor mit 9 PS und integriertem 3 Gang Getriebe saß in einem Zentralrohrrahmen. Das Kraftstoffgemisch bestellte ein französischer Gurtner Vergaser, den Zündfunken ein Magnetzünder von Bosch. Die Druid-Gabel führte das Vorderrad und verzögert wurde die Fuhre von Klotzbremsen, welche, wie auch der Satteltank nebst aufgesetztem Werkzeugkasten, bereits Mitte der 20er Jahre als antiquiert galten. Über eine Trommelbremse durfte sich der M70 Fahrer erst ab 1928 freuen.
Mit größeren Tanks, Tornistern und ihrem einzigen Begleiter, dem belgischen Mechaniker Joseph Weerens, der ebenfalls auf einer M70 fuhr, starteten die drei Anfang April und bereits nur zwei Monate später konnten sie die glückliche Ankunft in Dakar nach Hause melden! Wer nun denkt, die Monsieurs bestiegen zur Rücktour die Eisenbahn, liegt kräftig daneben. Von Dakar ging es per Schiff nach Casablanca, von dort wieder auf Achse nach Oran, von wo per Schiff nach Marseille übergesetzt wurde. Die Heimfahrt durch Frankreich endete nach 8.000 KM wovon allein 6.300 KM durch die Wüste verliefen, im belgischen Herstal, einem heutigen Vorort von Lüttich – dem Geburtsort der Fabrique Nationale (FN).
Der Stolz dieser Leistung fand von nun an im Beinamen der M 70 als „Sahara“ seine Würdigung und ein wenig Pioniergeist liegt auch an diesem Neujahrsmorgen des neuen Jahrzehnts der Luft.
Mit beherzten Gangwechseln der Handschaltung und feinfühliger Zündverstellung geht es über die brach liegenden Felder im Brandenburgischen. Die Knatterbüchse, ein Endschalldämpfer der direkt vorn am Motorblock angesetzt ist, knattert seinem Namen zu Ehren durch die jungfräuliche Stille des erwachenden Jahrzehnts, welches so frisch daherkommt, wie der kalte Fahrtwind im Gesicht. Eine Frische die gern ein Jahrzehnt lang anhalten darf.
In unserer Serie „Die goldenen Zwanziger“, erzählen wir jeden Monat eine Geschichte dieser unglaublichen Epoche und begeben uns auf die Suche nach dem Erbe für die neuen Zwanziger.
]]>Nun, ein besonders schönes Beispiel aus etwas späteren Zeiten haben wir hier vor uns mit dem V2-Motorradmotor von Mabeco aus Berlin.
Max Bernhard & Co., „MaBeCo“, bauten in der Prenzlauer Allee 1922 das erste Motorrad. Professor Bernhard besass damals eine neue amerikanische Indian Scout mit eben einem solchen Motor. Und die Maschine aus Springfield/Massachusetts/USA wurde aufgrund ihrer Qualität rund 250.000 Mal gebaut, Erfolge, die Indian zeitweise zum größten Motorradhersteller der Welt gedeihen ließen. Böse Zungen behaupteten sogar, dass die Indian genau so schön führe wie die Harley-Davidson, allerdings ohne zu klappern und zu rasseln…
Max Bernhard war also begeistert und überredete die Ingenieure von Siemens&Halske, den überzeugenden 600ccm-Motor exakt nachzubauen, lediglich mit metrischen Gewinden nach DIN anstatt der amerikanischen UNF-Gewinde mit anderer Steigung und Flankenwinkel. Und weil der Versailler Vertrag nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg die bisherige Produktion von Flugmotoren verboten hatte, griff man zu und machte mit, ganz ohne schlechtes Gewissen, die Siegermächte hielten einen ja schon streng genug an der Kandare.
So entstand die erste Mabeco, die optisch, bis auf einige Modifikationen an der Gabel, völlig identisch zu der Maschine aus den USA daher kam! Bald baute man auch noch mit größerem Hubraum von 750 ccm und das Ding verkaufte sich gut, über 3200 Stück sollen unter die Leute gebracht worden sein.
Aber geht es der Kuh zu gut, dann geht sie aufs Eis… In Zeiten ohne E-Mail und Digitalbild an jeder Ecke hatte man sich darauf verlassen, dass es mit der frechen Kopie schon nicht so auffällt, Springfield war schließlich weit überm Großen Teich.
1925 aber wurden die bisher unscheinbar blassgrün lackierten Maschinen im typischen Indian-Rot ausgeliefert. Das war dann doch nicht mehr zu verbergen und die Indian Motor Company ging auf die Barrikaden. Der Prozess endete zwar in einem Vergleich, aber der Motor durfte von Mabeco nicht mehr gebaut werden. Die Berliner flüchteten sich in ein Projekt mit einem Garelli-Zweitakter von 350 Kubik in Lizenz, aber mal ehrlich: Wer wollte ein Pony, wo er doch soeben noch ein Streitross geritten hatte? Hinzu kam, dass Siemens&Halske ab 1927 wieder Flugmotoren bauen durften und man dort kein Interesse mehr an den Zweirädern hatte.
1928 endete daher die Produktion und Mabeco war Geschichte.
]]>Mit der R 24 ist es eine interessante Geschichte. Das Vorgängermodell, die R 23 von 1938, war 1940 kriegsbedingt eingestellt worden. Zudem wurde ab 1942 die Motorradproduktion wohl ganz nach Ostdeutschland verlagert. Nach dem verlorenen Krieg lag das hinter dem Eisernen Vorhang, samt aller Konstruktionszeichnungen! Also nahmen sie in München in ihrer Not eine R 23 und schraubten sie auseinander, um sie ganz neu zu vermessen. 1948 wurde die neue R 24 auf dem Genfer Salon vorgestellt, konnte aber wegen der Reparationsverpflichtungen gegenüber den Alliierten noch nicht geliefert werden! Erst im Dezember 1948 ging die Maschine in Produktion, um nach gut 12.000 Exemplaren im Mai 1950 von der R 25 abgelöst zu werden.
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