Heinz Köster und sein rares Glas GT Cabriolet
Rot duckt sich das schnittige Cabriolet auf die Straße. Kaum hat Heinz Köster aus Olpe seine vollrestaurierte Rarität abgestellt, wird der Sportwagen auch schon von Passanten umrundet. Auf dem Chromgrill prangt deutlich ein goldenes „G“, also kann es ein Alfa oder Fiat wohl nicht sein. „Aber aus Italien muss er stammen, das sieht doch wohl jeder.“
Die Zuschauer liegen zumindest halb richtig. Seine alte Heimat findet das Glas 1300 GT Cabriolet jedoch im niederbayrischen Dingolfing.
Dort, wo sich heute das größte BMW-Werk des Kontinents befindet, stand einst die Landmaschinenfabrik der Hans Glas GmbH. Der Mittelständler setzte bereits 1951 auf die Pro- duktion eines Motorrollers, der Durchbruch gelang ihm jedoch ab 1955 mit dem Goggomobil, einem rasenden Kohlenkasten mit kreischendem 13,6 PS-Motörchen, der bald auch als Coupé zu haben war.
In Zeiten, als der VW-Käfer noch für viele Nachkriegsdeutsche ein Wunschtraum war, lag man mit dem Kleinstwagen genau im Trend und verkaufte gut 200.000 Exemplare. Die Kassen waren also gefüllt und der Blick ging nach vorn. Richtige Autos wollte man bauen. Mit Typen wie dem „1004“ wilderten die Niederbayern bald auf dem Markt, jedoch noch immer belächelt und stigmatisiert als Erbauer des Goggomobils, was den Dingolfingern naturgemäß sauer aufstieß.
Das änderte sich spätestens 1963 auf der IAA, als die hinreißende GT-Serie, gezeichnet von Star-Designer Piero Frua, dem sprachlosen Publikum vorgestellt wurde. Kurze Zeit später setzte die Hans Glas GmbH noch eins drauf und präsentierte gar einen Achtzylinder, dann ging bald die Pus- te aus. BMW übernahm die Firma im November 1966, der Rest ist bekannt.Heinz Köster kaufte sich 1980 ein verrottetes Goggomobil Coupé, um es in Olpe zu restaurieren. Er erinnert sich: „Unten in der Straße wohnte Rolf Konen, der ausgerechnet Vorsitzender des Glas-Clubs war, was ich gar nicht wusste.“
Auf einem Treffen in Bad Honnef begegnete ihm bald darauf der erste Glas GT und es war um ihn geschehen.Nicht nur Zuhause, sondern auch bei seinem Arbeitgeber, der Metallgießerei Ohm&Hähner, hatte Heinz Köster die richtigen Möglichkeiten, die Restauration auch eines größeren Fahrzeugs durchzuziehen. Er fackelte nicht lange und erstand ein durch und durch marodes GT-Coupé, das in den folgenden Jahren aufwändig wieder- auferstehen sollte.1994 dann konnte er endlich das Cabriolet in seinen Besitz bringen.„Die Karosserien wurden bei Frua in Turin gebaut, um anschließend in Dingolfing montiert zu werden. Und bei italienischen Fahrzeugen aus den 60er Jahren gehört der Rost heute leider zur Grundausstattung.“
Heinz Köster lacht und sagt dann: „Er war total durch. Ganze Blechpartien hatten sich in Blätterteig verwandelt, obendrein war das Auto mit soviel Schwung aufs Dach -pardon- Verdeck gelegt worden, dass sogar der Scheibenrahmen abgeknickt war.“
Das ramponierte Edelwrack dämmerte nach dem Unfall dann viele Jahre in einem Hühnerstall in Kitzingen vor sich hin.
„Als ich ihn von seiner gröbsten Dreckschicht befreite, lagen auf dem Sitz noch ein paar Eier.“
Hunderte von Arbeitsstunden sind seither vergangen. Ganze Karosseriepartien fertigte der Schlosser nach, seltenste Teile mussten zusammengesucht oder reproduziert werden.Heinz Köster: „Vom Glas GT Cabriolet sind insgesamt nur 365 Stück gebaut worden, von denen noch 115 registriert sind. Da wird die Sache schnell mal eng.“ Auch mechanisch hat der Wagen einige Finessen zu bieten, denn der Glas-Vierzylindermotor war das erste Serienaggregat mit Nockenwellenantrieb per Zahnriemen – es geht die Mär, die Glas-Kon- strukteure hätten sich das Prinzip an einer defekt zerlegten Küchenmaschine abgeguckt.
Was damals noch argwöhnisch von der Konkurrenz belächelt wurde, ist heute Usus im KFZ-Bau, was kein Wunder ist: der Glas GT rekrutierte aus 1300 ccm eine Leistung von 85 drehfreudigen Pferdestärken, Mitte der Sechziger war man damit auf Porsche-Niveau. Das gilt heute übrigens auch für die Preisentwicklung, aber über Geld spricht man ja bekanntlich nicht.
„Rechnen lässt sich das eh nicht, 15 Jahre Arbeit…“ Heinz Köster dreht den Zündschlüssel, ohne Murren setzt sich die glänzend polierte Fuhre in Gang, das Cabriolet wirkt leichtfüßig wie ein modernes Fahrzeug, nur die Augen bleiben an den vielen liebevollen Details hängen – nein, so etwas gibt es heute nicht mehr.