Ein solches Auto gibt es in Deutschland vermutlich auf keinem Schrottplatz mehr. Mit über 40 Jahren Zeit, bei Wind und Wetter einfach zu verrotten.
Hanns-Lüdecke Rodewald kaufte 1976 als Student den damals bereits 20 Jahre alten Opel Olympia CarAvan von 1956 und beschloss schon bald, den Kombi aus Rüsselsheim einfach nicht mehr zu waschen. Dann zog er nach Berlin. Es regnete und schneite, ab und an dötschte einer dran, gelegentlich schlief auch mal ein bedröhnter Druffi auf dem Dachgepäckträger, vor allem aber schliff und nagte Chronos, Gott der Zeit, der sonst nach etwa 15 Jahren endgültig die Rote Karte zieht, was schlecht gepflegte Autos angeht. Da allerdings war Rodewalds CarAvan schon zum Versuchsfahrzeug geworden: Wie lange hält ein Auto durch, wenn wirklich nur das Allernötigste gemacht wird, um die Fahrtüchtigkeit zu erhalten? In der Zwischenzeit wurde er Diplom-Ingenieur für Kraftfahrzeugtechnik, schließlich Professor in diesem Fachbereich an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin. Dort bildet er also auch jene Prüfingenieure aus, die beim Anblick seines CarAvan oft nicht wissen, ob sie lachen oder weinen sollen.
Gut, mittlerweile ist Rodewalds Auto bekannt. Immerhin ist der Olympia zur touristischen Attraktion herangereift und wird in der Liste der ranzigsten Anlaufpunkte in der Hauptstadt geführt. Dass das nicht immer so war, beweisen allein die 15 Prozesse, die Rodewald seit Einführung der Umweltzone in der Innenstadt führen musste. Der Clinch mit der Obrigkeit ging so weit, dass man ihm eigenmächtig die Plaketten vom Kennzeichen gekratzt hatte, weil so ein Haufen eben nicht fahrtüchtig sein durfte. Er war es aber, wie das Gericht schließlich nach einem Gutachten zugunsten des tapferen Häufchen Elends entschied.
Nun steht der Olympia CarAvan im Mittelpunkt der Bachelor-Arbeit eines von Rodewalds Studenten. Sebastian Lembert, Fahrzeugtechnik-Ingenieur als Anwärter im sechsten Semester, stellt gleich drei Opel von 1956 nebeneinander. Einer, die beige Limousine, wurde bis heute immer gepflegt und auch mit Maßnahmen behandelt, wie sie der Liebhaber eben seinem Schmuckstück angedeihen lässt, der zweite ist Rodewalds CarAvan, der einfach nur fährt, und sonst nichts. (Übrigens hat er ein amtlich anerkanntes Wertgutachten über den Zustand 4+! Wie, kann nicht sein? Eben doch, denn Zustand vier ist nach allgemeiner Definition ein verbrauchter Zustand, der nur bedingt fahrbereit ist. Rodewalds CarAvan hingegen ist voll fahrbereit. Also muss er besser als „4“ sein… Auch hier polarisiert die Geschichte gewaltig.)
Ja, und dann ist da der dritte Opel. Ein von marodierenden Kindern bespielter Schrotthaufen mit halb weggerostetem Boden im akuten Auflösungszustand. Diese drei werden verglichen und es soll eine Rechnung aufgemacht werden: Lohnt es sich rein wirtschaftlich, ein Auto zu pflegen? Oder lässt man es einfach laufen und macht nur das Allernötigste? Und wie ist es mit einem Wiederaufbau als Oldtimer? Hat der Zustand vor der Instandsetzung wirklich Einfluss auf die entstehenden Kosten? Ist halb kaputt nicht genau so teuer wie ganz kaputt? Und ist der gute Erhaltungszustand nach Jahrzehnten in der Garage günstiger als die Reparatur der Rostjolle, wenn man die Garagenmiete mit einrechnet, die der Schrotti unterm Baum nie verursacht hat? Ein brisantes Thema. Und wir bleiben für Euch dran. Ergebnisse kommen im Spätsommer. Freut Euch mit uns auf eine besondere Arbeit.
Sehr interessanter Bericht! Dass ein Fahrzeug ohne jegliche Pflege irgendwann hinüber ist, sollte klar sein. Andererseits wird bei kompletter Pflege ein guter Erhaltungszustand konserviert, auch logisch. Die Frage ist nur, was als Minimalaufwand gilt, um das Fahrzeug in Betrieb halten zu können? Maßnahmen, die die TüV-Abnahme erfordern sind sicherlich dabei. Damit ist die Technik ausreichend betreut, das gilt auch für die Karosserie, welche natürlich keine Sicherheitsgefahr darstellen darf. Wie gross ist dieser Aufwand bzw. wie gross ist die Differenz zum „guten Erhaltungszustand“ – das dürfte bei dieser Arbeit der interessante Punkt sein.
Ich schätze, dass eine Komplettwäsche mit Wachsversiegelung pro Monat, den Erhaltungszustand wesentlich verlängert. Das wären ca. 10 EUR pro Monat und defekte oder unschöne Teile auszutauschen, wird sich bei 50 bis 100 EUR pro Monat bewegen. Das Resultat ist dann der Unterschied zwischen „Note 2“ und der „Note 4+“ (wie beschrieben auch Note 3- möglich).
Wenn ca. 1000 EUR p.a. als Kostendifferenz heraus kommen, ist das vertretbar, da die weiteren Gesamtkosten (Steuer, Versicherung, Kraftstoff und Wartung etc.) gleich bleiben müßten.
Die Frage ist dann, ob man nicht doch bereit ist, die Differenz zu finanzieren und sich dann Unannehmlichkeiten mit Behörden oder Nachbarn zu ersparen…..
Habe selbst viele Jahre einen Opel Admiral A Baujahr 1966 gefahren und die Erhaltungskosten waren verkraftbar. Das einzigste Problem war, Ersatzteile zu beschaffen, die der Händler nicht mehr anbot. Hier kann es teuer werden, das liegt aber an der Verfügbarkeit von ET. Hierauf hat man bei dem „4+“ Fahrzeug verzichtet … und es geht! Ob man das mag oder nicht, ist eine andere Frage.
Ich finde die Untersuchung interessant und bin gespannt auf das Resultat!
mfg U.M.
Es wäre wirklich interessant zu sehen, welchen Einfluss regelmäßige Wartung und die Oldtimer Reparatur auf den Gesamtzustand eines Fahrzeugs hat. Haben Sie einen weiteren Blogartikel zu den Ergebnissen der Arbeit verfasst? Ich überlege nämlich, mir ein ähnlich ungepflegtes Modell zu kaufen und dieses dann wieder flott zu machen.