Die Sitzposition ist gut, die Platzverhältnisse vorne sind mehr als ausreichend. Die Servolenkung wirkt angenehm, die Schaltung verläuft exakt und genauso knackig, wie man sich dies bei einem Sportwagen wünscht. Das Interieur inklusive Analog-Uhr wirkt luxuriös und selbst das angebrachte Holz passt zum Gesamteindruck. Der Motor: ein Kraftpaket.
Der Maserati Biturbo 222 E von Udo Freialdenhofen aus Eschweiler lässt eigentlich keine Wünsche offen. Das kantige Coupé, erstmals vorgestellt 1981, war die erste komplette Neuentwicklung des italienischen Herstellers seit den 1950-er Jahren. Er war Sportwagen, Kompakt-Limousine und Luxusfahrzeug in einem und als 1988 als Exportversion der Biturbo 222 E mit 2,8 Liter Hubraum, Einspritzung und drei Ventilen pro Zylinder auf den Markt kam, notierte die Fachpresse 6,9 Sekunden für den Spurt von 0 bis 100 km/h und eine Spitzengeschwindigkeit von 227 km/h. „Die 225 PS verleihen dem Coupé einen eindrücklichen Schub, sobald die beiden IHI-Lader ihre Arbeit aufnehmen“, schwärmt Udo Freialdenhofen, der mit seinem Unternehmen „Deutsche Oldtimer-Reisen“ exklusive Touren für Besitzer historischer Fahrzeuge durch ganz Europa organisiert. Biturbo-Eigentümer tun jedoch gut daran, die technischen Tücken ihres Fahrzeugs zu kennen. Die Italiener gaben dem Wagen wegen seiner Unzuverlässigkeit sogar einen wenig schmeichelhaften Spitznamen. Udo Freialdenhofens Begeisterung für seinen exotischen Gran Tourismo tut das aber keinen Abbruch. Im Gegenteil.
Deshalb habe ich ihn
Ich hatte schon immer eine Schwäche für italienische Wagen. So war mein erstes Auto auch kein VW Käfer, sondern ein Autobianchi A 112. Da lernst du schon in jungen Jahren, dass das Wort Auto mit AU beginnt und mit O aufhört. Aber wenn der Apparat mal lief, war alles vergessen. Doch zurück zum Maserati. Der 222 ist eines der zahlreichen – Experten sagen mehr als 30 (!) – Derivate des Biturbos. Ein kompakter Sportwagen, der das Überleben der Marke mit dem Dreizack in den 1980er Jahren sicherte. Mit seinem kantigen und schnörkellosen Design ist er ein typisches Kind der 1980er Jahre. V6-Maschine mit Doppelturbo, 225 PS, Alcantara- Innenraum, Holzimitat und diese markante Uhr mitten im Armaturenbrett: bella macchina, so etwas können nur Italiener bauen. Dazu diese Exklusivität: Die Exportversion des 222 mit 2,8 Liter Hubraum wurde nur rund 300 Mal gefertigt. Kaum einer kennt das Auto, wie die ungezählten Fragen nach Typ und Marke immer wieder zeigen. Und noch ein paar andere Dinge machten diesen Maserati für mich unwiderstehlich: Sein in Deutschland technisch zweifelhafter Ruf, der ihm immer noch hinterherläuft. Die Italiener haben ihm dazu mit „Mülleimer“ einen wenig charmanten Spitznamen verpasst. Kurz, der Maserati 222 ist alles andere als Mainstream. Und dazu diese filigran-sanfte Kraftentfaltung, wenn alle Flüssigkeiten ihre Betriebstemperatur erreicht haben. Und versuchen Sie mal als Ungeübter die Motorhaube zu öffnen. Auch diese Kunst der Verriegelung kann nur aus Italien kommen.
Das kann er
Trotz schlichtem Design fällt der Maserati 222 überall auf. Seine Exklusivität ist schon beeindruckend. Er macht Riesenspaß auf einsamen Landstraßen, wenn die Lader den Maserati unaufhaltsam, aber mit Feingeist und Würde Richtung Horizont schieben. Und er kann dich in den Wahnsinn treiben wie kaum ein anderer. Fehlerquellen gibt es zahlreiche, besonders die vielleicht etwas lax ausgelegte und gefertigte Elektrik. Manchmal macht er einfach keinen Muckser mehr. Aber diese Eskapaden sind die Ausnahme.
Das kann er nicht
Ich habe es und werde es wohl auch nie versuchen, diesen Sportwagen im Alltagsbetrieb einzusetzen. Dafür ist er viel zu schade. Auch ist die Klimaanlage nicht ohne. Bitte schalten Sie diese nur bei Leerlaufdrehzahl des Motors ein, sonst könnte unvermittelt ein kapitaler Motorschaden drohen. Springt der Klimakompressor bei höheren Drehzahlen an, springt schon mal gerne der Zahnriemen über. Auch eignet er sich wenig für die Autobahnhatz im oberen Geschwindigkeitsbereich. Einerseits steigt dem Motor dann irgendwann die Hitze zu Kopf und darüber hinaus kann man die Tanknadel im freien Fall Richtung Reserve bewundern. Und als Spekulationsobjekt ist der Maserati denkbar ungeeignet – was die Preise schön moderat hält. Oder kennen Sie einen Sechszylinder mit mehr als 200 PS aus Zuffenhausen, der in gepflegtem Zustand und unverhandelt für weniger als 15.000 Euro den Besitzer wechselt?
Das habe ich für ihn getan
Ich habe meinem 222 einen zusätzlichen Motor- und Hinterachs-Ölkühler spendiert. Ungesunde Hitzewallungen sind meinem Grand Tourismo mit dem Dreizack nun fremd. Und, aua, eine große Inspektion mit neuem Zahnriemen und Wasserpumpe – für den Preis dieser Wartung habe ich schon komplette Oldtimer gekauft. Ach ja, das alte mineralische Rennöl der Spezifikation 15W-50 pulsiert nun im Aggregat.
Das haben wir erlebt
Unvergessen ist die Reise mit dem Maserati durch das Elsass. Auf den Spuren von Bugatti wandelten wir rund um Molsheim, cruisten durch die Weinberge bei Obernai und erklommen die Höhen der Vogesen. Souverän und völlig unaufgeregt spulte der Maserati Kilometer um Kilometer in der Genussregion ab – ohne irgendein Problem. Nicht ganz: es war so heiß, dass sich der Kleber vom Innenspiegel an der Windschutzscheibe in Wohlgefallen auflöste und der Spiegel jeglichen Halt verlor. Touren durch das Altmühltal bei durchwachsenem Wetter und durch das Oberfränkische oder rund um den Gardasee lassen sich am besten mit den Worten „Fahrfreude pur“ charakterisieren. Unvergessen ist auch der erstaunte Kommentar eines Besuchers der „Bremen Classic Motorshow“ beim Anblick meines Maseratis: „So einen 3er BMW habe ich ja noch nie gesehen!“
Das haben wir vor
Einmal zurück nach Italien, mindestens. Dieses Jahr im September steht zum Saisonabschluss bei mir die Vinschgau Deluxe HistoTour auf dem Programm. Eine Woche lang über die hochalpinen Pässe im Dreiländereck Italien, Österreich und Schweiz flitzen. Stilfser Joch, Umbrail-, Flüela- und Albulapass, die Kaunertaler Gletscherstraße, das Martell- und das Matschertal mit dem Maserati erkunden – die Vorfreude ist jetzt schon groß.